Ist der Mann noch ganz bei Trost?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Warum Elon Musk Tesla nicht von der Börse nehmen kann
- 1.1 Delisting Ankündigung der besonderen Art
- 1.1.1 Der Twitter-Mann
- 1.1.2 Spielchen spielen mit Leerverkäufern
- 1.1.3 Der große Coup
- 1.1.4 Handelsaussetzung der Tesla Aktie
- 1.1.5 Ein Tweet bewegt die Börsenwelt
- 1.1.6 Was bleibt sind die offenen Fragen:
- 1.1.7 Vergangenes Delisting geglückt
- 1.1.8 Schulden über Schulden
- 1.1.9 Wie die Börse Elon Musks Pläne bewertet
- 1.1.10 Leerverkäufer sind angestachelt
- 1.1.11 Marktmanipulation?
- 1.1.12 So kommst du Schritt für Schritt in den Handel!
- 1.1.13 Aller Anfang ist schwer?
- 1.1 Delisting Ankündigung der besonderen Art
Warum Elon Musk Tesla nicht von der Börse nehmen kann
Delisting Ankündigung der besonderen Art
Man könnte glauben er habe nicht nur eine Figur im Raumanzug in seinen alten Tesla Roadster gesetzt und mit seinem Raumfahrtunternehmen Space-X ins All geschossen. Nein, man glaubt, er sitzt selbst darin, schaut auf die Erde herab und will jedem da unten beweisen, wie winzig klein doch jeder ist.
Der Twitter-Mann
Genau so muss es einem diese Tage vorkommen, wenn man Elon Musks wahnwitzige Idee verfolgt, das Unternehmen Tesla von der Börse zu nehmen. Und nicht nur das, auch noch einen utopischen Übernahmepreis von 420 USD will er anbieten für alle die aussteigen möchten. Das sind knapp 20% Aufschlag auf den Kurs zum Zeitpunkt seiner Twitterankündigung. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem Tesla bereits mit über 60 Mrd. USD Börsenwert bewertet ist.
Man kann Verständnis haben für einen außergewöhnlichen Gründer, eine exzentrische Führungspersönlichkeit, die auch mal völlig übernächtigt eine Quartalsberichts-Telefonkonferenz abhält und dabei keinen Satz gerade herausbringt ohne dabei zu stammeln. Sein Humor ist von der besonderen Art. Nicht nur, dass er zum 1.April im Scherz verkündet, dass sein Unternehmen die Insolvenz anmelden musste. Sich selbst lichtet er für diesen Scherz unrasiert mit einem „Bankrott“-Pappschild vor einem Tesla ab. Nein, auch Analysten treiben ihn auf die Palme, wenn sie nach der Profitabilität des Konzerns fragen. Deren Fragen Elon Musk dann mit „langweilig“ und „Dumme Fragen sind nicht cool. Der Nächste bitte!“ abtut.
Spielchen spielen mit Leerverkäufern
Wie viel Überwindung hat es Elon Musk wohl gekostet, in der Analystenkonferenz der letzten Quartalszahlen vom 1.August den Geläuterten zu spielen und sich für sein Verhalten zu entschuldigen und alle Fragen brav zu beantworten? Nur um kurz darauf sich wieder über Leerverkäufer lustig zu machen, die gegen die Tesla Aktie wetten. Obwohl diese damit bereits massiv Geld verloren haben nach dem starken Kursanstieg, den die Aktie nach der Zahlenvorlage verbuchte. Und das, obwohl der Verlust des Unternehmens massiv auf über 700 Mio USD im Quartal ausgeweitet wurde. Aber wie heißt es so schön, „die Hoffnung stirbt zuletzt“, denn Musk verspricht „nachhaltig profitabel“ zu sein. Aktuell verliert das Unternehmen noch 11.000 USD pro verkauftem Tesla-Auto, auch aufgrund der gigantischen notwendigen Investitionen für den Aufbau der Produktionslinien und Akkufabriken.
Der große Coup
Als wäre seine erneute Häme gegen die Leerverkäufer mit einem Tweet eines Videos und einer Szene aus „Der Untergang“ im deutschen Originalton aber mit veränderten englischen Untertiteln in denen sich Adolf Hitler über die guten Verkaufszahlen von Tesla und den gestiegenen Aktienkurs aufregt, nicht genug, schlägt er direkt weiter auf sie ein.
Nur diesmal mit einer ganz besonders großen Keule. Niemand weiß genau wie überlegt diese Aktion tatsächlich war, denn er begann erst relativ unscheinbar mit der „Überlegung Tesla bei 420 USD zu privatisieren. Finanzierung gesichert“.
Die Börse spielt bei solchen Neuigkeiten natürlich erstmal verrückt. Wurde sein Account etwa gehackt oder gibt es jetzt einen zweiten 1.April im Jahr? Kurz darauf dann schlicht erstmal ein „Guten Morgen“ mit Zwinkersmiley.
Handelsaussetzung der Tesla Aktie
Die Aktie hat sich nach ihrem Ausflug von 355 auf 371 USD binnen zwei Minuten direkt wieder nach unten verabschiedet aber pendelt dann bis 20 Uhr auf 367 USD ein. Die Nasdaq nimmt ob der Kurskapriolen den Aktienhandel der Tesla-Aktie offline bis sich die Markteilnehmer beruhigen.
Ein Tweet bewegt die Börsenwelt
Aber wie soll das geschehen, wenn Musk nur weiter twittert, dass Aktionäre ihre Aktien gerne behalten könnten nach der Privatisierung oder aber 420 $ beim Verkauf bekämen?
So langsam wird den Marktteilnehmern klar, dass dies kein 1.Aprilscherz mehr von Musk ist, selbst wenn er evtl. als solcher begonnen haben mag. So entwickelt sich aus einem Seitenhieb gegen Leerverkäufer und Spekulanten auf fallende Kurse ein Plan, der noch nicht ganz ausgegoren erscheint. Musk, genervt von Quartalsberichten, Analystenfragen und den Medienattacken auf Tesla-Unfälle, Autopilotenausfälle sowie Kritik an der Geldverbrennung des Unternehmens erfreut sich regelrecht an der Angst, die den Widersachern nun ins Gesicht geschrieben stehen muss im Angesicht weiter steigender Aktienpreise nach der Wiederaufnahme des Handels 15 Minuten vor Börsenschluss. Die Tesla Aktie rauscht bis auf 387,46 USD, nahe ans Allzeithoch vom 18.09.2017 bei 389,61 USD, ehe der Handel nach volatilen 15 Schlussminuten bei 379,58 USD einen weiteren turbulenten Handelstag beendet.
Was bleibt sind die offenen Fragen:
Darf Musk das überhaupt? Kursrelevante Informationen auf diese Art und Weise während des offiziellen Börsenhandels einfach über Twitter verbreiten ohne genaue Details zu nennen?
Wer genau soll bereitstehen, um ein bei 420 USD pro Aktie mit einem Gesamtwert von über 80 Mrd. USD bewertetes Unternehmen zu privatisieren und die abgabewilligen Aktionäre auszubezahlen?
Sind die Aktionäre überhaupt bereit einem Delisting von der Börse zuzustimmen, wo doch Elon Musk selbst lediglich 19,78% der Aktien hält laut Bloomberg. Mehr als die Hälfte (54,97%) werden von institutionellen Investoren gehalten. Investoren, die wohl weit weniger begeistert sind von einem Delisting. Aber evtl. würden sie liebend gerne ihre Aktien für einen so hohen Aufschlag von 420 USD abgeben. Nur, wer soll das bezahlen? Das bislang größte Delisting eines börsennotierten Unternehmens erfolgte im Jahr 2007 mit Texas electric utility TXU, einem Unternehmen das später Pleite ging. Der Übernahmepreis damals knapp 32 Mrd. USD (43,8 Mrd. USD inkl. Schulden) und damit nicht einmal die Hälfte von Elon Musks Plänen für Tesla. Selbst Warren Buffett, die Investorenlegende hat hier über 1,5 Mrd. USD mit Anleihen des Nachfolgeunternehmens Energy Future Holdings verloren.
Vergangenes Delisting geglückt
Selbst das geglückte Delisting der PC-Firma Dell Inc. war mit 25 Mrd. USD aufgrund einiger quertreibender Aktionäre wie u.a. Carl Icahn, die den Übernahmepreis nochmals hochtrieben, teuer erkauft. Und das Unternehmen von Gründer Michael Dell, der ähnliche Aspekte verfolgte wie Elon Musk, möchte das Unternehmen nach 5 Jahren ohne Börsennotiz nun wieder dorthin zurückbringen. Nicht etwa, weil er so gerne Quartalsberichte verkündet oder Analystenfragen beantwortet, sondern schlicht, weil Geld benötigt wird, um Schulden zu refinanzieren. Diese lasten auf dem Unternehmen seit der 67 Mrd. USD teuren, großteils kreditfinanzierten, Übernahme von EMC Corp. aus dem Jahr 2016. Das Unternehmen schleppt weiterhin 38 Mrd. Dollar Schulden aus dieser Übernahme mit sich.
Anders als Tesla war Dell damals aber jahrelang ein profitables Unternehmen. Es dürfte also nicht ganz einfach werden die Tesla Aktionäre von diesem Vorhaben zu überzeugen. Selbst der saudi-arabische Fonds, der sich kurz vor Musks Bekunden große Anteile von Tesla Aktien über die Börse gesichert hat, dürfte kaum gewillt sein, weitere dutzend Milliarden zu einem völlig überzogenen Preis in ein einzelnes Unternehmen zu investieren. Erst recht vor dem Hintergrund, dass man zuvor bei Elon Musk angeklopft hatte, um sich an einer möglichen Kapitalerhöhung zu beteiligen. Da man dort aber auf taube Ohren stieß und abblitze, wurden die Aktien eben durch eine Investmentbank über die Börse organisiert. Auch wenn eine Privatisierung wohl kein Hindernis für den Fonds mit langem Atem wäre.
Schulden über Schulden
Auch die kreditfinanzierten Schulden von Tesla wären als privates Unternehmen wohl nicht mehr so einfach verlängert zu bekommen. Ganz abgesehen von den Zinskonditionen, die aufgrund anziehender Zentralbankzinsen in den USA sowieso schon steigen. Bei 10 Mrd. USD Schulden hat Tesla gerade einmal 2 Mrd. Dollar an Reserven. Bei der Cashburnrate von mehreren hundert Millionen pro Quartal dürfte das nicht mehr lange ausreichen, wenn sich nicht bald etwas dreht. Selbst bei seinen eigenen Kunden steht Tesla mit 400 Mio. USD in der Kreide für bereits geleistete Anzahlungen auf noch nicht einmal in Produktion befindliche Tesla-Autos.
Wie die Börse Elon Musks Pläne bewertet
Es bleibt also weiterhin spannend, was Elon Musk mit Tesla vorhat und wohin die Börse die Kurse seines Unternehmens trägt. Derzeit scheint sie seine Pläne wohl für weniger realistisch zu halten. Denn am Tag nach dem Twitter-Eklat steht die Aktie weiterhin bei 370,34 USD und damit weit entfernt vom ausgegebenen Übernahme- und Delistingpreis von 420 USD.
Selbst wenn es doch so kommen sollte, weiß niemand, wann das der Fall sein wird.
Leerverkäufer sind angestachelt
Gespannt warten wir auf die halbmonatlich durch die Börse veröffentlichte Anzahl leerverkaufter Teslaaktien. Diese werden am morgigen Donnerstag mit Stand 31.07.18 (und damit genau vor den Quartalszahlen und dem Kursanstieg) publiziert werden.
Die ersten großen Tesla-Leerverkäufer, wie Robert Chapman, geben bereits Interviews im US-Fernsehen in denen sie von einer Ausweitung ihrer leerverkauften Aktien sprechen. Darin tun sie ihre Meinung kund, was sie von der willkürlich gewählten Zahl von 420 USD Übernahmepreis halten.
Evtl. hat Elon Musk aber auch einfach nur das Buch “Per Anhalter durch die Galaxis” gelesen. An die Zahl 42 hat er dann eine 0 angehängt als “Antwort auf alle Fragen”.
Marktmanipulation?
Und da sage noch einer, Börse sei langweilig und eine reine Zahlenwelt. Wenn man mal hinter diese Zahlen blickt und sie miteinander verknüpft, ergibt sich ein oft sehr spannendes Bild. Es bleibt weiterhin spannend, was rund um Tesla geschehen wird. Wir bleiben am Ball, genauso wie die US-Börsenaufsicht SEC, die bereits Ermittlungen in Bezug auf Musks Twittereskapaden angekündigt hat.
( Rezensionen)
2 Bewertungen
Danke Pascal für die ausführliche Analyse, sehr interessant!!!
Gute Analyse, die derzeitigen Fakten komprimiert auf den Tisch, Danke!
[…] Genau das war es, was Elon Musk mit seinem Tesla-Privatisierungstweet vermutlich erreichen wollte. Den Leerverkäufern, die beständig für eine miese Nachrichtenlage sorgen, um den Kurs nach unten zu treiben, eines auszuwischen, damit sie gezwungen werden ihre Verluste letztlich einzustreichen. Wie im gestrigen Blogbeitrag ausführlich erläutert. […]