Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil6
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Teil 6: Optionsstrategie „Iron Condor“ im Backtest III
Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Leser/-innen,
wir hatten im 5. Teil unserer Vorstellung einer Option „Income“-Strategie (OIS) weiterführende Tests bzgl. der Ertragsaussichten eines sog. „Iron Condors“ durchgeführt. Der Ansatz war neben der statischen Komponente auch die semidynamische Komponente, die aber auch nicht überzeugen konnte. Sie können unsere Ergebnisse hier noch einmal nachlesen:
Alle Beiträge der Blogreihe:
- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil1
- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil2
- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil3
- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil4
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- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil6
- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil7
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- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil9
- Entwicklung einer Options „Income“-Strategie (OIS) – Teil10
Wir mussten erkennen, dass sowohl ein statischer, als auch ein semidynamischer Ansatz performancetechnisch nicht die Erwartungen erfüllen konnte. Jedenfalls nicht in der Form, wie wir es hier testeten. Darum ist es ja auch so wichtig, nicht einfach Optionen zu verkaufen, weil man eben den Zeitwerteffekt auf seiner Seite hat. Das wäre zu simpel. Aus diesem Grunde wollen wir heute einmal in mögliche dynamische Ansatzpunkte beim IC eintauchen. Den Anfang macht dabei der bereits im letzten Teil erwähnte Brian Johnson, der den wohl detailliertesten Test beim IC Aufbau durchführte. Bitte schauen Sie auch hierfür noch einmal im letzten Teil (siehe oben) nach.
Johnson benutzte hierfür die Options-Strategie-Software „QuantyCarlo“, die inzwischen von einem Hedgefond aufgekauft worden ist. Mit Hilfe dieser Software konnte man Schwellwerte vorgeben (wie z.B. Deltawerte der zu handelnden Optionen), die nicht überschritten werden durften. Die Laufzeit wählte er zwischen 50 und 75 Tage und stieg stets einen Tag vorm Ende der Optionslaufzeit (DTE; days to expiration) wieder aus, um dem Gamma-Risiko „aus dem Weg zu gehen“. Weitere Exit Regeln waren so auch eine Gewinnmitnahme (90% der vereinnahmten Prämie) oder ein Stop-Loss (200% der vereinnahmten Prämie werden überschritten). Um hierfür ein Beispiel zu geben, schauen wir auf unseren Trade vom letzten Mal (siehe Bild 1):
Wir würden in diesem Beispiel 40.1 (*5 *5/Multiplikator und Anzahl der Kontrakte) = 1002.50 € einnehmen. Passiert wenig und die Preise fallen durch den Zeitwerteffekt bedingt zurück, würde Johnson diesen IC mit 4.01 zurückkaufen (90% Gewinnmitnahme). Ein Stop-Loss würde er bei 80.20 setzen (Prämieneinnahme * 2).
Auch das Theta ist bei OIS – und somit auch für Brian Johnson – natürlich als eine Exit-Bedingung anzusehen. Fällt es ins negative Terrain, ist die Basis einer OIS natürlich nicht mehr gegeben und die entsprechende Optionsstrategie wird aufgelöst oder adjustiert.
Die Ergebnisse von Johnson sind sehr positiv und werden im Bild 2 gezeigt:
Bevor wir unseren eigenen Backtest vom IC fortführen, um beurteilen zu können, ob wir diese Ergebnisse ähnlich im DAX beobachten können, wollen wir auch noch einmal einen Ansatz von Dan Sheridan anschauen (www.sheridanmentoring.com) . So schreibt er z.B. im Börsenmagazin Technical Analysis of Stocks and Commodity (Juli 2007), dass eine IC – Strategie folgendes Regelwerk beinhalten sollte:
- Fünf bis acht Wochen vor Verfall (DTE) liegt der Einstiegszeitpunkt
- Für den S&P 500 wählt er eine Strikeweite von fünf Punkten
- Verkauf von Calls mit einem Delta von 7-8
- Verkauf von Puts mit einem Delta von 6-7
Die drei/vier großen Adjustierungen erfolgen bei:
- Delta der verkauften Calls steigt auf 25
- Delta der verkauften Puts steigt auf 20
- Gewinnmitnahme bei einem Preis des Spreads von 20 Cents (US-Dollar) oder weniger oder anstelle dessen eine Gewinnmitnahme von 50-60% der vereinnahmten Prämie
Art der Adjustierung:
- Steigt das Delta der Optionen auf obige Werte, sollte man 24 – 48 Stunden warten und dann einen neuen Spread nach oben und unten rollen (wieder um die dann aktuellen Marktpreise stellen)
- Das Delta der neuen Optionen sollte niemals über 10 liegen
- Erneut gelten die obigen Gewinnmitnahmelevels
- Stop-Loss wird bis zum Ende der Laufzeit auf das 1.5fache der Prämie gesetzt
Auch bei diesem Beispiel sehen wir also ein klares Regelwerk, dass auch jeweils von Analyst zu Analyst sehr verschieden sein kann. Wir wollen mit der Vorstellung dieser verschiedenartigen Ansätze versuchen, andere Trader und Investoren anzustoßen, um in diesem Bereich weiter zu forschen und Strategien zu entwickeln. Am Ende unsere Serie über OIS werden wir einen vollständigen Ansatz mit möglichst wenig Freiheitsgraden vorstellen, der im RMP Programm umgesetzt wird.
Doch erst einmal wollen wir jetzt zu unserem Backtest im DAX zurückkommen. Wir möchten darauf hinweisen, dass die Zeiträume gleich bleiben und in den vorherigen Artikeln nachgelesen werden können. Versuchen wir wieder zwei Arbeitshypothesen (ArH) aufzustellen:
- Wir wollen eine Gewinnmitnahme und einen Stop-Loss plazieren, weil man nur so plötzlich ändernde Märkte berücksichtigen kann (Anpassung)
- Wir lassen die Marktbewegung mit einfließen. Unterstellung ist hierbei, dass der Markt ruhig – und somit gut für OIS geeignet ist – bis er uns das Gegenteil zeigt. Dann folgen wir dem Markt und nicht der immer und immer wieder aufzusetzender OIS
Es muss an dieser Stelle betont werden, dass Arbeitshypothesen zuerst formuliert werden müssen, um dann von den Ergebnissen bestätigt zu werden oder eben nicht. Der große Fehler von vielen Systementwicklern ist oftmals, dass man zuerst „den Computer laufen lässt“, um danach die Ergebnisse in ArH zu gießen. Das ist definitiv der falsche Weg und führt zu einer wenig robusten Systementwicklung.
Im Bild 3 sehen wir die Ergebnisse in unserem analysierten Zeitraum mit dem Ansatz der ArH 1, dass wir eine Gewinnmitnahme tätigen, sobald wir 50 % der vereinnahmten Prämie verdient haben. Unser Stopp wird auf die verkauften Strike Preise der 1.Option gelegt. Fällt der Markt unter/über diese Basispreise, schließen wir die Optionsposition. Wird die Gewinnmitnahme oder der Stopp erreicht, wird bis zum Ende der Laufzeit der Option keine neue Position mehr aufgenommen. So sieht dann das Ergebnis aus:
Mit dieser einfachen (nicht optimierten!!!) Einflussnahme auf die Grundstrategie der in den letzten Wochen vorgestellten Optionsstrategie kommen wir wenigstens mal „auf die schwarze Null“. Es spricht also schon einmal dafür, dass eine dynamische Komponente bei OIS notwendig ist. Und diese Dynamik wollen wir jetzt im Bild 4 und der ArH 2 weiter vorantreiben. Wir testen jetzt die Ergebnisse folgender Strategie: Wir traden genauso wie im Bild 3, doch zusätzlich zu der Abstinenz bis zum Laufzeitende der G&S-Strategie zeigt uns der Markt, ob er ruhig und gut für die IC-Strategie geeignet ist oder eben nicht. Daher führen wir eine Adjustierung durch, wenn wir ausgestoppt werden: Die Gewinnmitnahme bleibt unverändert, doch wenn die IC-Strategie nach unten (performancetechnisch) ausgestoppt wird, adjustieren wir unseren Ansatz in dem Sinne, dass wir für die verbleibenden Tage erkennen, dass eine unruhige Phase vor uns liegt (sonst wären wir ja auch nicht ausgestoppt worden) und handeln jetzt in der Art, dass wir nach dem Stopp zum Settlement eine neue Position aufnehmen. Doch diesmal nicht der neuerliche Aufbau eines IC, sondern eines „IC reverse“ (für die verbleibenden Tage der Laufzeit der Option), weil der Markt uns ja deutliche Zeichen gegeben hat, dass die Phase eines ruhigen Marktes zu Ende gegangen ist. Unsere Graphik sieht – Sie ahnen es – so aus:
Wie sieht die prozentuale Betrachtung dieser Strategie aus? Im aktuellem Marktumfeld müssen wir für die Aufsetzung einer solchen IC-Strategie ca. 900 € als Margin (Sicherheitsleistung) beim Broker hinterlegen. Wenn wir damit einen Gewinn von 2533 € machen, bedeutet dies eine Rendite von 181 % in drei Jahren! Oder eben ca. 60% im Jahr. Wahrlich nicht schlecht – oder?
Ergebnis:
Wir sollten in einer IC-Strategie stets den Markt an sich mit berücksichtigen (Dynamik). Er zeigt uns stets auf, ob der Zeitpunkt für eine OIS gut oder schlecht ist. In unserem 3-jährigen Backtest im DAX haben wir ein sehr einfaches Modell zu Grunde gelegt, dass in dieser Form nur aufzeigen soll, was alles möglich ist.
Die Vorstellung der verschiedenartigen OIS wollen wir im nächsten Teil einmal kurz unterbrechen und uns die Frage stellen, ob es besser ist, mit monthly oder sogar mit weekly Optionen zu handeln und die OIS hierauf auf zu setzen? Worauf kommt es an?
Bis dahin wünschen wir Ihnen natürlich – wie immer –
viel Erfolg beim Trading!
André Rogalski
Manager des RMP-Programms
Tags:Einkommen, Optionstrader, stillhalter, Strategie, vix